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Sartre: Huis clos

41VVMX4XWBLHuis clos“ ist ein Theaterstück in einem Akt von Jean-Paul Sartre.

In einem Zimmer, der Hölle, treffen sich nach ihrem Tod der Journalist Gastin, die lesbische Postangestellte Inès und die Frau von Welt Estelle. Gemeinsam versuchen sie herauszufinden, warum gerade sie in ein Zimmer einquartiert wurden und was nun geschehen wird. Zu Lebzeiten haben die drei sich nie gesehen, kommen aus unterschiedlichen Regionen und Milieus. Zunehmend verstricken sich die drei in gegenseitige Abhängigkeit und gegenseitigen Hass: Inès verliebt sich in Estelle, die aber nur von einem Mann begehrt werden möchte. Sie ist bereit, alles zu sagen was Gastin hören möchte, damit er sie liebt. Gastin jedoch braucht eine ernst gemeinte Bestätigung dafür, dass er kein Feigling ist, die er sich von Inès erhofft, die ihm aber zu verstehen gibt, dass sie ihn gerade für einen solchen hält. Sie hören nicht auf, sich gegenseitig zu verletzen und irgendwann erkennt Gastin: „l’Enfer, c’est les autres„, die Hölle, das sind die anderen. „Le bourreau, c’est chacun de nous pour les deux autres.“ (Inès, scèneV) – jeder ist der Folterknecht der beiden anderen.

Wieder einmal sucht der bescheidene Leser im Text nach Sartres Existentialismus: Jeder Mensch ist für sein Schicksal selbst verantwortlich.
Zumindest ich habe aber das Gefühl, dass Huis clos genau an dieser Theorie vorbeisteuert, denn alle drei, Gastin, Estelle und Inès bereuen nichts in ihrem Leben. Sie haben ihr Leben genossen und meinten – zumindest ihr Leben über – sich vor sich selbst rechtfertigen zu können. Nun ist das Leben vorbei, sie können nichts mehr ändern, sind jetzt aber unglücklich und verzweifeln aneinander. Existentialismus ist das für mich nicht und so frage ich, wo denn dann die Moral stecken mag.

Es bleibt letztendlich nur noch die Erkenntnis, dass die Hölle die anderen sind. Überträgt man das auf die noch Lebenden, kann klar werden, was vielleicht gemeint ist: Jeder ist im Leben von anderen Menschen abhängig, die ihnen sagen, dass sie toll sind, dass sie gut aussehen, dass sie kein Feigling sind, dass alles, was sie tun so richtig ist. Indem man das tut, gibt man den anderen Menschen Macht über sich selbst und damit auch den Maßstab für das eigene Wertgefühl. Die Konsequenz also wäre, seinen eigenen Wert selbst zu messen und festzulegen, ohne die Bestätigung anderer zu brauchen, was immer ein gut gemeinter Ratschlag ist, denn wahrscheinlich ist jeder von mindestens einem anderen Menschen in einem solchen Maße abhängig. Je abhängiger wir aber sind, desto schwieriger wird es auch, sich von ihnen zu trennen – Selbst wenn die Türe der Hölle geöffnet wird, können wir nicht fliehen, weil wir die anderen brauchen.

 
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Verfasst von - 24. März 2008 in Bücher, Gedanken

 

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Sartre: Les mains sales

Welche Frage wird sich wohl ein Schüler stellen, der in seiner Freizeit ein Theaterstück liest? Natürlich, ob es sich um eine Komödie oder um eine Tragödie handelt. Anderes habe ich während meiner Schülerkarriere nicht kennen gelernt.
So untersuchte ich auch das Stück „Les mains sales“ von Jean-Paul Sartre auf hinweisgebende Elemente. Zumindest war ich das ganze Stück davon überzeugt, es handele sich um eine Komödie. Der junge Hugo soll den Führer seiner kommunistischen Partei erschießen. Von den sieben Akten spielen der erste und der letzte nach dem Zweiten Weltkrieg und nachdem Hugo seines Auftrags wegen im Gefängnis gelandet und nun wegen guter Führung wieder entlassen worden ist. Die restlichen fünf Akte sind Rückblende in die Zeit des Krieges hinein. Wie in einem Psychothriller darf der Leser/Zuschauer darauf warten, ob und wie Hugo seinen Auftrag ausführt. Eine weitere, wenn auch für mich unverständliche Rolle hat Hugos neunzehnjährige Frau, die auch für die ein oder andere lustige Szene sorgt und so mein Bild einer Komödie verfestigte. Sie versinnbildlicht die ideale Frau der Konservativen, das typische Feindbild der Feministinnen, die sich nicht in die Politik einzumischen hat. Sie zeigt aber auch die typisch kindliche Unschuld, denn sie spielt nur damit, die Frau eines Mörders zu sein. So aber auch Hugo. Er, der seine Hände niemals schmutzig gemacht hat, spricht die ganze Zeit davon, den Mord zu begehen, führt ihn letztendlich nur wegen einer Lappalie aus. Der Schluss selbst ist für die Dramagattung ja ausschlaggebend und tatsächlich gibt es eine Lösung für das bestehende Problem. Hugo wird wieder in seiner Partei eintreten dürfen und sich wieder nützlich machen. Hugo selbst macht diese Lösung allerdings zunichte, sodass das Theaterstück letztendlich doch noch in einer Katastrophe zu enden scheint, die allerdings nicht mehr richtige Erwähnung findet. Um was für ein Drama handelt es sich hier also? Die ganze Fragerei hätte ich mir wahrscheinlich sparen können, wenn ich gleich darauf geachtet hätte, dass ein klassisches Drama in fünf Akte untergliedert ist – aber auch bei Molières Komödien gab es unterschiedlich lange Dramen. Oder ich hätte wissen müssen, dass ein Autor des 20. Jahrhunderts sich nicht mehr der alten Formen bedient. Ebenfalls hilfreich wäre gewesen, wenn ich von selbst auf den Gedanken gekommen wäre, dass das Stück nicht in Frankreich spielt, wie ich es die ganze Zeit vermutet hatte. Handlungsort ist das fiktive Land im Osten Illyrie. Ansonsten bietet das Stück allerhand Grundlagen zur Interpretation für eine geübte Schülerseele. Nur nach einer existenzialistischen Hauptaussage habe ich vergeblich gesucht. Nicht, dass man es falsch versteht: Es sind schon existenzialistische Gedanken in dem Stück vorhanden. Aber anders als bei „Les jeux sont faits“ und „Huis-clos“ scheint er nicht die Hauptaussage des Dramas zu sein.

 
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Verfasst von - 4. Juni 2007 in Bücher

 

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